Dieses Spiel hat mich damals, als ich es auf der Gamescom anzocken durfte echt vom Hocker gehauen. Nicht von der Spielmechanik her oder weil es sooo originell war, sondern weil es das grafisch beeindruckenste Spielchen auf der ganzen Messe war. Doch bei seinem Erscheinen teilten sich die Meinungen der Gamerschaft außergewöhnlich stark, was mich dazu bewog, erst einmal auf ein Schnäppchen zu warten. Waren siebzig Euronen doch ein stolzer Preis für ein Spiel mit einer angeblichen Spielzeit von ca. fünf Stunden ohne jeglichen Multiplayer. Hat sich das Warten gelohnt?
In The Order 1886 spielen wir Sir Galahad, der sich durch das viktorianische London schlagen muss, das in einer alternativen Version von Werwölfen und dubiosen Geheimbünden bedroht wird. Er ist Teil des besagten Ordens und bemüht sich mit seinen meist bärtigen Kollegen dem seit Ewigkeiten herrschenden Konflikt mit den fiesen Halbwesen und einer feisten Widerstandsgruppierung Herr zu werden, bis er einer tiefgehenden Verschwörung auf die Schliche kommt, die alles ihm Bekannte auf den Kopf stellt. Erfreulicherweise ist diese streckenweise echt komplexe Geschichte butterweich erzählt und nahtlos ins eigentliche Gameplay eingebunden. Das macht The Order 1886 beinahe zu mehr Film als Spiel.
“Das ist gar keine Zwischensequenz, das ist das Spiel!”
Die pervers gute Grafik und die wirklich beeindruckende Präsentation sprinen derart nahtlos zwischen automatisch ablaufender Dialogsequenz und actionreichem Geballer und Geschleiche hin und her, dass es mich überdurchschnittlich tief in die Geschichte gezogen hat. Anders als bei beispielsweise Heavy Rain hat man hier einfach spielerisch mehr zu tun, was eine neue Ära des storylastigen Videospiels einläuten könnte. Echt beeindruckend, wenn man sich drauf einlässt.
Denn minutenlanges Herumlaufen ohne Krachbumm sind sicherlich nicht für jeden etwas und die sehr häufigen Quicktime-Events schrecken sicherlich auch den ein oder anderen Zocker ab, was die Qualität der interaktiven Story aber keinesfalls schmälert. Im Gegenteil, für jemanden wie mich, der diese Quicktime-Dinger normalerweise tief verabscheut, wurden sie hier erstaunlich flockig eingebunden und störten überraschend wenig. Ansonsten ballert man mit teilweise futuristisch anmutenden Steampunk-Waffen aus der Deckung heraus, sprintet durch Hallen, springt und klettert über Dächer oder bekämpft haarige Fabelwesen mit einem Messer. Das war spielerisch abwechslungsreich genug um mich bis zum gut geschriebenen Ende zu unterhalten. Lediglich eine Schleichpassage, bei der mich die Wachen durch meine Deckung immer wieder niederstrecken konnten und einige Stealth-Kills waren nervig, der Rest des Spiels war super zu zocken.
Die neue Technikreferenz!
Technisch rockt The Order 1886 einfach tierisch. Es ist DER Vorzeigetitel der neuen Konsolengeneration und stellt die Wow-Messlatte für kommende Blockbuster sehr, sehr hoch. Die Fülle an Details, hochaufgelöster Texturen, tollen Animationen, Filtern und Effekten haben mich bis zum Ende immer wieder in Staunen versetzt. Wahnsinn. Das brillante viktorianische Steampunkdesign und die grandiosen Charaktere tun ihr übriges um die interessante Parallelwelt zum Leben zu erwecken. Die filmreife Musikuntermalung und der satte Waffensound erfreuten nebenher auch meine Surroundanlage. Technisch gibt es hier nichts zu meckern, nichts!
Screenshots meines Durchspielens gibt es hier!
Für mich ist The Order 1886 ein Treffer. Es mag aufgrund seines Konzeptes, viel Wert auf Storytelling zu legen und dabei überdurchschnittlich auf Elemente wie Quicktime zu setzen nicht jedem Spieler zusagen, ist aber dennoch ein echt gutes Spiel. Da es mit seinen knapp sieben Stunden und dem Fehlen jeglichen Mehrspieler-Modus, sollte man meiner Meinung nach auf eine etwas kostengünstigere aus sein. Wer ein Spiel zum Angeben sucht oder einfach den totalen Grafok-Overkill sucht, der darf auch getrost Vollpreis bezahlen. Ich hoffe, dass es eine Fortsetzung geben wird, denn mir sind die Figuren und ihre Schicksale echt ans Gamerherz gewachsen.
Bis dahin, cheerio!
The Ollibaba 1886