Was haben wir uns früher wie Honigkuchenpferde darüber gefreut, wenn irgendwelche Dinge in Videospielen Ähnlichkeit mit der Realität hatten. Wenn auf einem klobigen Tisch ein verwaschenes Blatt Papier lag oder unter einer Straßenlampe umher fliegendes Ungeziefer zu erkennen war. Neue Hardware, bessere Konsolen – mehr Möglichkeiten für optischen Firlefanz!
Die Technik in Spielen schreitet voran, momentan erleben wir auf den aktuellen Heimkonsolen den allmählichen Einzug wirklicher Next-Gen-Grafik. Höher aufgelöste Texturen bedeuten nicht nur mehr Realismus, wenn man beispielsweise bei einem Call of Duty das Etikett auf einer Bierflasche tatsächlich lesen kann, statt nur auf einen verschwommenen Klötzchen-Brei zu schauen. Nein, es bedeutet auch mehr Arbeit und Kosten, denn irgendwer muss diesen ganzen zusätzlichen Kram ja designen, virtuell basteln und physikalisch korrekt agieren lassen. Realistisches Wasser, Gras und im Wind wehende Haare – all das sind Details, mit denen Spiele nach wie vor kämpfen. Denn, anders als in Animationsfilmen aus Hollywood können die Bilder nicht wochenlang auf Computerfarmen vor sich hinrechnen, sie müssen in Echtzeit von einer kleinen Kiste in unserem Wohnzimmer erstellt werden. Und die kochen letztendlich nur mit Wasser. Neue Spiele, die exklusiv für die PS4 und Xbox One entwickelt werden, ohne von den technischen Beschränkungen der Vorgänger zurückgehalten zu werden, haben enormes optisches Potential und beginnen langsam dieses Realität werden zu lassen.
Je besser die Technik, desto krasser fallen uns Kleinigkeiten negativ auf.
Diese Woche erscheint das neue Assassin’s Creed Unity und die ersten Tests gehen weltweit online. Einigen gefällt die Story nicht, anderen ist es einfach “zu viel vom Gleichen“, hierzu kann und möchte ich noch nichts sagen, da ich es noch nicht gespielt habe. ABER, mir fällt zunehmend auf, dass einige technische Details und grafische Kleinigkeiten kritisieren, die ihnen nur deshalb so negativ auffallen, weil der Rest des Spiels technisch auf einem sehr hohen, ambitionierten Niveau ist. Die Jungs und Mädels bei Ubisoft haben immerhin das komplette Paris zur Revolutionszeit nachgebaut, mit hunderten Figuren, begehbaren Gebäuden und dergleichen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Dass man da kleinere Patzer und Fehlerchen erwarten sollte, liegt eigentlich auf der Hand. War bei GTA 5 auch nicht anders. Gleich vorweg; ich will hier kein Spiel in Schutz nehmen, dass ich nicht gezockt habe. Vielleicht ist Unity ja auch die totale Schlaftablette, keine Ahnung. Mir geht es vielmehr um diese technische Rosinenpickerei und die Suche nach grafisch fehlerhaften Nadeln im digitalen Heuhaufen. Denn diese finde ich etwas albern.
Wenn man auf Probleme und Bugs stößt, die einem die Spielerfahrung kaputt machen oder die sich unfair auf das Gameplay auswirken, muss man so was ansprechen und kritisieren. Auf jeden Fall! Aber eine nicht zerstörbare Deckenlampe in einem Ego-Shooter mag zwar durchaus lächerlich wirken, zerstört aber niemandem den Spielspaß, oder? Dass bei einem Assassin’s Creed Unity nicht jeder umher latschende Passant immer hundertprozent realistisch reagiert, sollte man eigentlich verschmerzen können. Denn auch wenn die Spielwelt mittlerweile glaubhaft geil aussieht und von lebhaft wirkenden Gestalten bewohnt wird, handelt es sich trotzdem “nur” um ein Videospiel. Ein von übermüdeten Entwicklern unter Zeitdruck vollendetes Unterhaltungsprodukt. Kleine Details, wie fehlende Reflektionen in Pfützen oder Clipping-Fehler, wenn einem die Haarpracht kurz mal durch die Schulter weht fallen einem bei der momentanen Technik einfach deutlicher auf und entlocken uns schnell mal ein “das war jetzt schwach”. Verhagelt man sich aber so nicht langfristig selbst den Spaß am aktuellen Spielgeschehen? Unity bietet angeblich auf der technischen Seite genug Angriffsfläche – die Framerate soll ja angeblich vor Allem in den Zwischensequenzen gehörig ins Stottern geraten, was da schon deutlich störender wäre (und eventuell mit einem Patch behoben wird).
Das gilt für viele aktuelle Spiele. Wenn ich Leute höre, die bei Call od Duty: Advanced Warfare sagen, es würde “scheiße aussehen“, dann muss ich einfach sagen NEIN! Haut es uns aus den Nerd-Latschen? Nicht unbedingt. Ist es technisch besser als die Vorgänger? Aber hallo – definitiv! Vielleicht erwarten wir manchmal einfach zu viel von der neuen Hardware in Sachen Grafik und Schnickschnack. Wir erwarten absolute Perfektion. Auch ich olle Zockerwurst kann mich davon nicht immer freisprechen, freue ich mich doch auch über eine flüssige Framerate, geile Präsentation und hübsche Optik. Dafür hat man ja schließlich hunderte Euronen für die neuen Spielekisten ausgegeben. Ich bemängele auch, wenn ich den Eindruck habe, dass Entwickler oder Publisher geschlunzt haben oder einfach nicht das ihnen bestmögliche Produkt rausgehauen haben. Worauf will ich hier also hinaus? Sich weniger von missglückten Kleinigkeiten ärgern zu lassen vielleicht. Ist ein Spiel technisch derart fehlerhaft, dass es keinen Spaß macht oder ist es technisch gelungen, bis auf ein paar unwichtige Details?
Hauptsächlich bin ich dafür, dass man sich als reflektierter Gamer zwischendurch immer mal wieder bewusst machen sollte, wie weit Spiele eigentlich gekommen sind – nicht nur was Storytelling und Interaktivität betrifft, sondern auch optisch. Also, ab und zu einfach mal die Technik-Kirche im Dorf lassen, Kollegen. Peace out!
Ollibaba 😉
(und nicht alles zu ernst nehmen)