WARNUNG!
Der folgende Text enthält subjektive Meinungen und grob fahrlässig
verallgemeinerte Schlussfolgerungen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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Große Teile der Videospielwelt sind homophob. Sowohl viele Entwickler als auch viele Zocker. Ist so. Die wenigsten Publisher trauen sich homosexuelle Charaktere in Mainstream-Spielen abzubilden, eigentlich so gut wie niemand. Manchmal trifft man auf ein paar lächerlich tuntig kreischende Abziehbilder, aber die sollen dem Spieler ja eher einen Lacher entlocken. Aber wäre es wirklich so schrecklich, wenn es im auch mal eine frauenliebende Lara Croft-Protagonistin geben würde. Denn angeblich mag doch jeder Mainstream-Mann den Gedanken, dass sich Frauen miteinander vergnügen. Das wäre wahrscheinlich noch denkbar, aber ein als homosexuell angedeuteter männlicher Protagonist? Der pubertäre Möchtegern-50Cent-Macho-Bubi-Pimp will sowas doch nicht in seinem Videospiel haben. Dasd ware doch voll gay!
Als Rockstar damals den DLC The Balad Of Gay Tony für das gigantisch erfolgreiche GTA IV auf den Markt warf, hagelte es (hauptsächlich in den USA) Hass-Schreiben und Beschwerden – es ging die mediale Post ab. “Was fällt diesen Entwicklern bloß ein?” Einen unreflektiert Prostituierten schlagenden, Zivilisten tötenden Zuhälter zu spielen war großflächig als “cool“ akzeptiert worden, wenn dieser aber zugleich auf Kerle steht, also nein, das ist moralisch nicht vertretbar. Im Gegenteil, man konnte diesen DLC nicht einfach ignorieren und als “Das ist halt nix für mich persönlich“ abtun, sondern er musste aktiv bekämpft und gestoppt werden. Wenn gute, gesetzestreue, NORMALE Amerikaner so was spielen müssen, enden sie ja höchstwahrscheinlich unmittelbar auf der schiefen Bahn… oder im Darkroom. Vielleicht aber auch nicht und man hat einfach nur Angst vor einer tief im Inneren vergrabenen Seite, die man in einen Schrank im Unterbewußtsein gesperrt hat. Wer weiß.
Was gab es für einen Aufschrei in diversen konservativen Medien, als es dem Spieler bei Mass Effect überlassen wurde, mit wem er/sie turteln und gegebenenfalls in die Kiste springen konnte. Ich als unrasierter Hetero-Män habe zwar als männlicher Commander Shepard fleißigst an der blauen Wissenschaftlerin Liara T’Soni rumgebaggert, finde es aber trotzdem gerecht, wenn Leute das auf ihre individuelle Weise zocken möchten. Manche Leute sehen in so etwas aber direkt den Untergang des zivilisierten Abendlandes. Frei nach dem Motto: “Meinungsfreiheit ja, solange es der eigenen Meinung entspricht! Videospiele sollen bitte Grenzen überschreiten, jedoch bitte nicht so, anders, lieber mit mehr Gewalt und so…” Im Verlauf vom aktuellen Dragon Age Inquisition trifft man sogar auf einen Transgender-Charakter, was garantiert wieder einigen Leuten zu weit geht. Ist die Figur notwendig oder bringt sie die Story entscheidend weiter? Nein. Trotzdem respektiere ich den Mut von Bioware und möchte offiziell zu Protokoll geben, dass ich Oldschool-Zocker mich durch durch solche Details NICHT unsittlich belästigt fühle! Dafür bin ich viel zu chillig.
“Ironie ist, wenn man trotzdem lacht!”
Aber was sagen die angeblichen “Hardcore-Gamer” zu sowas? Ich finde es saukomisch, dass ausgerechnet jene spießbürgerlichen Spieler, die ständig einen auf Turbo-Macho machen und sich für das fleischgewordene Geschenk an die holde Weiblichkeit halten gleichzeitig die ständige Bromance zwischen haarigen Muskelmännern in virtuelle Kriegsgebieten beklattschen. Einige dieser vermeintlich maskulinen Spiele sorgen doch unfreiwillig für die gay-sten Momente der modernen Popkultur! Oder etwa nicht? Schaut euch die Gears Of War’s, Army Of Two’s und Medal Of Honor’s doch mal an! Dagegen ist Brokeback Mountain doch ein Wahlwerbespot der Bibeltreuen Christen! “Brock, ich dachte du wärst tot?” – “Nein Butch, ich lasse dich nicht alleine… Du bist mein Bruder, Bro!” GAAAY! Das beste ist, diesen einfachen Zocker-Clowns ist die Ironie dabei noch nicht einmal bewusst, während sie sich auf dem digitalen Football-Platz gegenseitig auf den Hintern tätscheln. Ich zumindest amüsiere mich sehr über diese Ironie. Sehr, sehr lustig.
Und nun noch eine kleine Anekdote:
Vor längerer Zeit stieß ich auf der Xbox 360 in eine Gamechat-Party dazu, wo ich jedoch wenige Zokcer kannte. Man sprach über das tagesaktuelle Geschehen jeder zockte sein eigenes Spielchen. Irgendwann erwähnte ich, dass ich im Begriff war mir in einem Rollenspiel, das ich gerade anfing, einen weiblichen Charakter zu erstellen. Woraufhin eine der mir fremden Personen (ich tippe mal auf einen recht jungen Herrn einfachen Gemüts) bemerkte, dass dies doch “voll gay“ sei. Worauf ich zu erklären versuchte, dass ich diese immer gleichen, muskelbepackten Testosteron-Klumpen einfach leid sei und bei der stattlichen Dauer eines Rollenspiels lieber eine ansehnliche Heldin durch die Gegend steuern würde. Darauf entgegnete der kleine Mann erneut “trotzdem voll gay“. ähm, okay. Hmmh. Macht einen das Betrachten einer weiblichen Protagonistin schwul? Wenn ich als Kerl den Anblick von Frauen präferiere? Naja…
Ich gestehe jedem seine eigene Meinung zu. Es müssen nicht alle Leute den gleichen Dingen gegenüber tolerant sein, denen ich tolerant gegenüber stehe – es ist das gute Recht jedes Bürgers in einer Demokratie intolerant zu sein. Jeder sollte die Möglichkeit haben das zu tun, das zu denken und zu sagen, was er will, meint und fühlt. Steht außer Frage. Aber, liebe homophoben Gamer, behauptet nicht dass “Schwulitäten” nicht in Videospiele gehören und sitzt dann selber mit vor Rührung befeuchteten Augen vor dem Fernseher, wenn sich zwei bärtige Kampfgenossen-Schränke nach einer riesigen Schlacht gegen Aliens umarmen und knuddeln. Das ist kein Pathos, liebe Leute – DAS ist gay. Und Ironie zugleich.
Make Love, not Blutwurst!
(und nicht alles zu ernst nehmen!)
Ollibaba 😉