Ach, was war das früher schön einfach, als man simpel gestrickte Gegner ins virtuelle Nirvana geschickt hat. Erst waren es nur Anhäufungen eckiger Pixel, später rudimentäre Ansammlungen bunter Polygone – ihr einziges Ziel: uns zu vernichten. Egal ob Monster, Soldat oder Alien, alles wurde rücksichtslos von unserem helden umgemäht! Es waren ja eh nur bewegte Pappkameraden, konnte man nur im Zusammenspiel mit Zeichnungen auf der Spielepackung erahnen, wie die grob dargestellten Gegner eigentlich auszusehen hätten. Hintergrundgeschichten gab es meist nur in der Gebrauchsanleitung oder in Form eingeblendeter Texte. Es waren einfacherer Zeiten, vor allem für Spieleentwickler und die Moral der Spieler…
Neulich haben die Entwickler vom demnächst erscheinenden Battlefield Hardline verraten, wie dünn der grad zwischen Glaubwürdigkeit und Gewissensbissen mittlerweile geworden ist. Man spielt einen Polizeibeamten, der durch Gebiete voller Ganoven schleicht und diese festnehmen oder erschießen kann. Diese reden miteinander, rauchen ein Kippchen oder seufzen übermüdet. Dies soll zum einen eine glaubwürdige Spielwelt suggerieren und zum anderen soll man durch das Belauschen Informationen über Unterweltbosse erhalten. So weit, so gut. Doch erste Versuche mit Dialogen, die es Probezockern moralisch erschwerten eben diese Halunken anschließend mittels Kopfschuss dahin zu raffen zeigten, dass Gamer gar nicht so abgestumpft sind, wie es viele Medien immer behaupten.
Ein Räuber soll sich mit einem Kollegen darüber unterhalten haben, sich morgen wieder mit seiner Freundin versöhnen zu wollen, so Spieleautor Rob Auten. Doch als ihm einer der Entwickler klarmachte “Du Idiot, dem Typen soll der Spieler doch gleich in den Kopf schießen und keine Blumen liefern!”, wurde ihm das Dilemma klar. Der Spieler soll kein Mitleid haben, keine sympathischen Schurken umlegen müssen. Wäre zwar auch ein interessantes Konzept, wenn man die Moral des Spielers mit einbezieht, ich kann aber verstehen, dass dies nicht unbedingt in Battlefield Hardline reinpasst.
Aber wird das nicht einer der Punkte der nächsten Jahre sein? Mit immer besserer technik, realistischer aussehenden und agierenden Spielfiguren? Wenn Gegner in Panik davon laufen oder sich nach Treffern vor Schmerz krümmen, wie realistisch wollen wir das wirklich haben? Ich will mich hier NICHT gegen Gewalt in Videospielen aussprechen, ich genieße das Ballern und Meucheln genauso wie jeder andere auch, aber trotzdem darf man darüber einmal nachdenken. Wenn der Androide Data der Enterprise wüsste, dass wir auf virtuelle Wesen ballern, die virtuellen Schmerz empfinden und sich aus Selbstschutz in Deckung begeben oder vor uns fliehen, würden sich wahrscheinlich seine artifiziellen Nackenhaare aufstellen. Ob digitale Popcornunterhaltung im Sinne von Call of Duty oder Battlefield auf Dauer von einer realistischeren Darstellung profitiert oder irgendwann einfach abstoßend wirkt und dem Spieler trotz allem Krachbumm ein flaues Gefühl im Magen hinterkässt wird sich zeigen…
Bis dahin, genießen wir die Zeit, solange Videospiele noch aussehen wie Videospiele.
Ollibaba 😉