Land unter? NIX DA!
Die meisten alten Zockerhasen erinnern sich noch daran, wie man Ende der Achtziger zum ersten Mal diesen grauen Klotz in den Händen hielt. Ein wahnsinniges Gerät, mit dem man unterwegs zocken und sogar die Spiele austauschen konnte. Die damals handelsüblichen Telespiele mit ihren primitiven LCD-Bildschirmchen boten schließlich nur eine simple Daddelei. Doch dann kam dieser japanische Unterhaltungskonzern und verzauberte Kinderzimmer, Spielplätze und Pausenhöfe in Freiluft-Spielhallen. Die Sucht war geboren…
Neben dem beigepackten Puzzleklassiker Tetris steckte häufig ein weiteres Spielchen zum Launch in der Konsole; Super Mario Land. Einigen war der kleine Hopser bereits aus der Spielhalle, als er noch gegen einen riesigen Bananenfan kämpfte bekannt, oder man hatte sogar Erfahrungen mit dem großen NES-Bruder gemacht. Mario kannte jeder. Und jetzt konnten auch die kleinen Geschwister an seinen waghalsigen Abenteuern teilhaben.
Die Macher orientierten sich am Design der NES-Version, mussten aufgrund der technischen Limitationen des guten GameBoys und der zu dem Zeitpunkt noch recht dürftigen Erfahrung mit der neuen Handheldhardware einige Abstriche machen und andere kreative Wege gehen. So durchquert der heldenhafte Klempner nur zwölf Level, springt auf Feinde, rutscht durch Röhren und besiegt regelmäßig Endbosse um endlich seine liebliche Prinzessin zu retten. Die Gute heißt hier Daisy, in späteren Spielen auch Peach oder Prinzessin Toadstool genannt. Warum sie so oft ihren Namen geändert hat? Vielleicht um Schuldnern zu entgehen, wer weiß.
Nintendo’s damaliger Chef Hiroshi Yamauchi ersuchte den geistigen Vater des GameBoys, Gunpei Yokoi persönlich ein neues Mario Abenteuer für seine neue Hardware zu erstellen, das die Vorzüge und Möglichkeiten der kleinen grauen Kiste deutlich machen sollte. Daher war Super Mario Land das erste Mario-Spiel, bei dem Mario-Erfinder Shigeru Miyamoto keinen Einfluss hatte. Und das merkt man. Was retrospektiv ein wenig blasphemisch wirkt, bedeutet zeitgleich, dass sich der Handheld-Erstling erfrischend von der restlichen Reihe abhebt. Nicht nur die einzelnen Szenarien, sondern auch verschiedene Gegnertypen tauchen nur in diesem Teil auf. Die joggenden Osterinselköpfe, feuerspuckende Drachen und herumtitschende Felsbrocken tauchen nur hier auf. Die Endbosse wollen ebenfalls bekämpft werden, während man sie auf dem Nintendo Entertainment System einfach nur überspringen musste. Zusätzlich steigt Mario hier in ein kleines U-Boot und feuert unterwasser kleine Torpedos auf feindlich gesonnene Fische ab oder ballert in einem Flugzeug luftige Gegner ab. Abwechslungsreich, trotz recht schwacher Hardware.
Die Musik ist ohrwurmverdächtig wie eh und je und wurde von Hirokazu Tanaka komponiert. Der liefert hier neben Metroid, Dr. Mario, Kid Icarus und Tetris eine weitere Wundertüte voller genialer Melodien ab, die ihrer technischen Einfachheit trotzen und im Kopf des Zockers ein ganzes Filmorchester entstehen lässt und den Zockerfuß ab und an zum Tanzen bringt. Grafisch ist Super Mario Land nicht so doll gealtert, die Sprites sind recht klein, die Gombas kaum zu erkennen und viele Hintergründe betehen nur aus Linien. Aber genau das macht für mich den Charme dieses Launchtitels aus. Die Steuerung ist zwar ein wenig flutschig, manchmal hat man den Eindruck über eine Plattform im Galopp hinweg zu rutschen, doch mit ein bisschen Übung bezwingt man das Spiel in einer knappen halben Stunde. Gespeichert wird nicht und Game Over gibts auch, so war das damals. Viel mehr Retro geht eigentlich nicht.
Nach Jahren des Ignorierens hab ich diese Perle mal wieder rausgekramt und am Stück durchgezockt. Ich glaube ich bin insgesamt fünf oder sechs mal gestorben, an viele fiese Stellen konnte sich mein angestaubtes Hirn aber instinktiv erinnern und am Ende betrachtete ich die ersehnte Wiedervereinigung von unserem kleinen Helden mit seiner regelmäßig entführten Prinzessin mit einem breiten, zufriedenen Grinsen. Dieses primitiv wirkende Oldschool-Game hat es auch nach Jahrzehnten wieder geschafft, einen Gamer glücklich zu machen. Wenn ihr die graue Spielkassette noch unterm Bett rumliegen habt, im Nintendo eShop Geld ausgeben wollt oder auf einem schönen Emulator eine Zeitreise in die schwarz-wweiße Vergangenheit machen möchtet, empfehle ich Super Mario Land uneingeschränkt. Der Urgroßvater vieler moderer Platformer ist überraschend gut gealtert, wird allerdings auch weiterhin von seinem brillanten Nachfolger Super Mario Land 2: The Six Golden Coins übertrumpft, denn diese Fortsetzung ist nahezu perfekt (hier mein Test).
Also: Zurück in die Retro-Zukunft!
Simpel, spaßig und serienuntypisch. Sehr gutes Mario-Spiel.
Und verdient daher: