Sein oder Nichtsei…HALT! 2D oder 3D, das ist doch hier doch die Frage!
Es war einmal ein Medium, dem es technisch nicht möglich war, seinen Inhalt in drei Dimensionen darzustellen – das Videospiel. Frühe Spieleautomaten, die ersten Heimkonsolen und Computer von Atari, Amiga und Co, und ja, sogar das gute NES hätten im Traum nicht daran gedacht, dass man sich eines Tages frei in einer virtuellen Welt bewegen könnte. Wie denn auch, waren die technischen Beschränkungen doch derart massiv, dass außer ein paar aneinander gereihten Farbwürfelchen gar nix ging. Die Phantasie des Spielers war daher ein wichtiger Baustein im Planen der virtuellen Erfahrung – sah man ein paar grüne Pixel-Häufchen am Wegesrand, war jedem Kind der 80er klar, es handelt sich um ein Gebüsch. Ganz klar! Bei einem schwarzen, blinkenden Klotz musste es sich selbstverständlich um eine Bombe handeln, die gleich hochgeht. BOOOM! Richtig. Diese “einkalkulierte Bereitschaft zum imaginären Mitmachen” war zwar eine traurige Notwendigkeit und doch gleichzeitig eine niedliche, phantasievolle Methode den Spieler in eine andere Welt zu ziehen. Es ging nicht anders, trotzdem war es toll. Trotz rudimentärer Optik empfand man die Spiele als etwas Großes, die klobigen Eindrücke verschmolzen zusammen mit der düdeligen Pieps-Musik in unseren Köpfen zu bombastischen Abenteuern mit orchestraler Soundkulisse. Schon irgendwie erbärmlich… aber drollig. Hier verschmolzen NOT und TUGEND zu…äh… Ted Nugent?!? Nein! Zu einem Erlebnis!
Doch mit der Zeit kamen erste Konsolen-Versuche Spiele in eine klotzige, oft ruckelige 3D-Umgebung zu verlegen. Spiele wie Star Fox auf dem Super Nintendo sind zwar heute keine echte Augenweide mehr, doch haben wir damals bei Erscheinen wahre Pixel-Bauklötze gestaunt. Die klobige Polygon-Grafik, Raumschiffe die wie reduzierte Papierflieger aussahen und der nicht für flüssige Steuerung ausgelegte SNES-Controllers sind jedoch ziemlich schlecht gealtert. Das ändert allerdings am Status von Star Fox nicht das Geringste, es bleibt ein Klassiker und mutiges Grafik-Experiment zugleich. Medien wie das Videogame muss man eben immer im Kontext ihrer Zeit und Möglichkeiten sehen. Andere versuche die dritte Dimension populär zu machen gelangen auf Konsolen dagegen deutlich schlechter. Die Technik war einfach noch nicht soweit. Doch mit stärkeren Konsolen wuchs auch die Hoffnung auf interessantere Spieleerfahrungen. Aber, bessere Technick bedeutet leider NICHT gleichzeitig bessere Spiele…
Viele Versuche etablierte Spieleserien und klassische Videogame-Helden in die dritte Dimension zu verfrachten blieben zu beginn des 3D-Hypes eher klägliche Experimente als tolle neue Erfahrungen – frühe Titel auf der ersten Playstation, dem N64 und Sega Saturn waren teilweise echte Dramen, mit beschissen störrischer Kamera, ungenauer Steuerung und unklarer Levelführung. “Wie kann ich nach unten sehen?“, “Was soll ich hier machen?“ und “Was hat mich denn jetzt bitte getötet?“ waren oft gestellte Fragen an den Röhrenfernseher, die jedoch unbeantwortet blieben. Waren ja auch noch keine Smart-TVs wie heute…
Eines der ersten Spiele, das den Sprung erfolgreich vollzogen und ein ganzes Genre neu definiert hat war natürlich Super Mario 64. Nintendo hatte nämlich erkannt, dass es nicht darum ging, das alte ’Hindernis-Gehüpfe’ und ’zum Levelausgang gelangen’ einfach in eine nicht dafür ausgelegte 3D-Welt zu packen, sondern sich darüber Gedanken zu machen, was man mit der neu hinzugewonnen Dimension alles machen kann. Man musste neue Wege gehen. Alte Zöpfe abschneiden, vielleicht lieb gewonnene Elemente über Bord werfen und fast von null anfangen. Was macht das Franchise aus und wie soll es in Zukunft aussehen? Soll man primär gegner besiegen, gegenstände einsammeln oder Aufgaben erfüllen? Nintendo packte von allem etwas in ihren dreidimensionalen Klempner und waren direkt auf der richtigen Spur. Es lag aber auch oft am Genre als solches, ob der Dimensions-Sprung gelingen sollte; Rennspielen fiel dieser Schritt natürlich etwas leichter, ging es doch weiterhin darum die Ziellinie als Erster zu überqueren. Andere Genres wie frühe Prügelspiele aber kämpften statt mit den Fäusten eher mit ruckelnder Optik und zeitlupenartigen Sprungeinlagen, die wirkten wie eine Mondmission der NASA. Frust statt Fist!
Doch finanzieller Erfolg und Lob der Fachpresse von Spielchen, die eine echte Neudefinition wagten erweckten schnell den Eindruck, dass es durchaus funktionieren kann, dieses 3D. Schließlich kamen im Laufe der Jahre immer mehr geglückte Spiele auf den Markt und bald erwartete der grafikgeile Kunde alle neuen Titel in aufwändiger (für die damalige Zeit) 3D-Optik. Erwartungshaltung und Realität klafften hier aber leider etwas auseinander.
Die Frage, die sich viele Entwickler lange Zeit nicht stellten (oder stellen durften) war “Muss dieses Spielkonzept überhaupt in 3D sein?“. Spiele wie die beiden Castlevanias auf dem N64, Bubsy 3D auf der Playstation und die Sonic 3D-Demo auf dem Saturn zeigten, dass sich viele Reihen ohne deutliche Neuausrichtung mehr schlecht als recht aufbohren ließen. Ich habe mich damals jedenfalls öfter mal gefragt, ob das ein oder andere Spielchen nicht besser in der zweiten Dimension geblieben wäre. Wäre zwar irgendwie altbacken aber zumindest spielbar gewesen. Aber vielleicht waren ja auch die eben erwähnten Erwartungen der naiven Kundschaft schuld. Die Leute wollten dieses 3D einfach haben – das war neu, sexy und state-of-the-art! Aber um jeden Preis?
Segas Saturn hatte immer Schwierigkeiten mit Polygonen und verzerrten Texturen, war sie doch ursprünglich als eine 2D-Powerkiste konzipiert worden. Sega hatte ernsthaft damit gerechnet, dass der Spieler weiterhin die Spielerfahrung vom Mega Drive erleben wollte, nur mit hübscherer, flotterer Grafik und klarer Musik von einer CD. Ein fataler Fehler. (Einer von vielen den Sega zu der Zeit beging, aber das ist eine andere Geschichte, liebe Kinder). Die erste Playstation hingegen, mit ihrer auf flotte, dreidimensionale Grafik zugeschnittene Rechenpower war da schon eher im Sinne der Zielgruppe und läutete unfreiwillig den zeitweisen Untergang klassischer 2D-Titel ein. Die Qualität der Games wurde stetig besser, auch Dank dem wachsenden Know-How der Entwickler und die vielen Erfolge, genau wie die Misserfolge sind ja schließlich die Wiege heutiger, digitaler Welten. Denn nur aus Fehlern kann man lernen (ein paar Spiele grenzten aber eher an Körperverletzung).
Heutzutage, mit einer regelrechten Renaissance im Spielemarkt; einer ansehnlichen Fülle an neuen, klassisch anmutenden 2D-Spielen in so gut wie jedem Genre, der wieder entdeckten Liebe zu Klötzchen-Grafik und den immer wichtiger (und erfolgreicher) werdenden Indie-Spielen stellt sich diese 2D/3D-Frage heute nicht mehr wirklich. Und genau darüber sollten wir uns als Gamer zurzeit freuen, unter Anderem. Man wird kaum noch durch technische Begrenzungen beschränkt und kann all diese damals notwendigen, primitiven Darstellungsformen bewusst als Stilmittel benutzen, damit spielerisch umgehen und mit einem Augenzwinkern zurückblicken.Vielen Kunden ist gar nicht bewusst, wie qualitativ hochwertig und vielseitig der Markt heute tatsächlich ist. Die verschiedenen Möglichkeiten Spiele zu entwickeln, zu vermarkten und zu verkaufen sorgt momentan für fast unendlich viel Freiraum und Kreativität bei den Spiele-Bastlern. Toll ist das. Frohlocket, Leute! Wer abseits der großen Blockbuster sucht, findet originelle Perlen, granaten-geile Download-Spiele und ja, dazwischen auch ein paar echte Gurken. Aber das gehört zur Freiheit eben dazu. Ohne saure Gurken kann man keinen bunten Salat machen. Und wie oft stellt man sich heute noch die frage “Wäre das Spiel in 2D nicht vielleicht doch besser gewesen?“ (Oder wünscht sich beim aktuellen South Park Spiel “Stab der Wahrheit” wirklich jemand, dass die Optik statt in authentischem 2D-TV-Look besser in hakeligem 3D daherkäme? Ich denke NICHT.)
Das war mein Senf dazu, zockt fleißig DIE Spiele, die euch gefallen,
ob fetter Blockbuster oder kleines Indie-Game… oder mit Würfeln.