Diese Konsole ist eine Legende. Kaum einer hatte sie, die meisten kannten sie, wenn überhaupt nur aus Gamingmagazinen oder Online-Listen der schlechtesten Videospielkonsolen. Aber was für ein System war Panasonic’s Vorstoß in die Welt der Telespiele? Was machte sie zum Gesprächsthema und was sorgte für ihren gnadenlosen Untergang? Finden wir es doch heraus, heute reden wir über das…
Trip Hawkins war in den Achtzigern Marketing Direktor bei Apple und gründete später einen (damals noch) kleinen Spielepublisher namens Electronic Arts. Immer an neuen Ideen interessiert, fragte sich der Entrepeneur Anfang der Neunziger, warum er eigentlich nicht gleich eine eigene Spielekonsole erschaffen sollte. Ihm waren Einfluss und Restriktionen der großen Firmen ein Ärgernis; Nintendo beispielsweise war berühmt für seine Vorgaben und Erwartungen. Publisher durften nur eine begrenzte Anzahl ans Spielen im Jahr veröffentlichen, weshalb viele Konzerne kleinere Firmen als Sub-Publisher aufkauften oder gründeten, um dies zu umgehen. Außerdem durfte es kein Blut, keine sexuellen oder religiösen Anspielungen geben, ansonsten gab es von Sega und vor Allem Nintendo kein “Seal of Approval”. Das ärgerte Hawkins, weil es seiner Meinung nach Gängelei und Gier war, die unweigerlich Kreativität und Fortschritt der Branche ausbremsten.
Er wollte die Macht der Großen zurechtstutzen und wandte sich an Techniker und Computeringenieure, wie Robert Mical und Dave Needle. Er wollte aber keine Spielekonsole exklusiv von nur einer Firma produzieren lassen, sondern die technischen Spezifikationen an Dritthersteller lizensieren. So sollte es eine größere Vielfalt an Hardware und eine daraus resultierende, größere Auswahl für den Kunden geben. Teurere Versionen und einfachere, die weltweit auf die jeweiligen Märkte von ansässigen Herstellern maßgeschneidert werden sollten. Sein Team entwickelte die Technik und kam 1993 mit Panasonic und ab 1994 mit Goldstar und Sanyo ins Geschäft. Verhandlungen mit Sony waren nur von kurzer Dauer, weil dort bereits an einem eigenen Gerät gebaut wurde. Sega war mehr als interessiert, wurde aber letztendlich durch die immensen Kosten abgeschreckt. So erblickte das “3DO Interactive Multiplayer” also dank spieleunerfahrener Konzerne das Licht der Welt. Ein mutiger Schritt.
Erste Vorführungen begeisterten Öffentlichkeit und Fachpresse, das Time Magazine kürte das 3DO sogar zum “Produkt des Jahres 1993”. Vorschussloorbeeren gepaart mit der neuen, bahnbrechenden CD-Technologie, die Spiele und digitales Entertainment mit Video und Fotos kombinierte, hatten allerdings ihren Preis. Zwischen 399$ und 699$ um genau zu sein. Dies stieß vielen Vertragspartnern sauer auf und führte zu eigenmächtigen Preisreduzierungen, Bundles und Rabatten, was Hawkins nicht gerade erfreute. Seine 3DO Company sollte ja schließlich als Franchisegeber an jeder verkauften Konsole und jedem Softwaretitel mitverdienen. Weniger Einnahmen bedeutete weniger Kohle für Hawkins. Der von ihm veranschlagte Verkaufspreis von knapp 700 Dollar war allerdings weltfremd veranschlagt, denn noch waren die Kunden zufrieden mit ihren wesentlich günstigeren, etablierten Spielkonsolen von Nintendo, Atari und Sega. Das 3DO wirkte wie ein Luxusprodukt, mit unsicherer Zukunft, das eigentlich niemand so recht braucht. Höchstens Technikfreaks, ungeduldige “Early Adopter” und finanziell sehr frische Zocker konnten und wollten hier zugreifen. Alle anderen beäugten das Gerät eher skeptisch.
Einige Konzerne hatten den Bauplan zwar lizensiert aber nie verwirklicht, darunter Toshiba und Samsung. Denn eben dieses Lizenzgeschäft machte das System ausgesprochen kostspielig für Dritthersteller. Diese mussten schließlich bereits mit der Konsolenhardware Geld verdienen und nicht wie Sega und Nintendo langfristig rechnen, da diese ihre Konsolen mit Verlust an den Mann brachten um später mit der verkauften Software Gewinne einzufahren. Entweder man schraubte also den Verkaufspreis der Hardware hoch oder das Ganze wurde zum Verlustgeschäft. Hawkins Idee drohte nach hinten loszugehen.
Der Launch verlief in den USA mit viel Pressewirbel, die neue Technik wurde als Multimedia-Wunderwerk angepriesen und die potentielle Vielfältigkeit reizte Branche, Fachpresse und neugierige Konsumenten zugleich. Doch viele der versprochenen Launchtitel wurden um Monate verschoben, weil es Entwicklern vermehrt schwer fiel, für das 3DO System zu programmieren. Wie schon beim Sega Saturn machte die unnötig komplizierte Struktur die Arbeit zur Hölle und viele Spiele blieben weit hinter den technischen Möglichkeiten und Erwartungen der Öffentlichkeit zurück. Auch weil die Hawkins’ Firma bis kurz vor Release immer wieder Updates für die Maschine rausbrachte, was für viele Verzögerungen im Erscheinungskalender führte. Es wurde großflächig schlecht geplant und kommuniziert. Am Ende war das einzige Spiel, das mit der Konsole erschien das Third-Party-Spiel “Crash’n’Burn” von Crystal Dynamics. Die Kritiken zum futuristischen Flitzer waren okay, aber nicht berauschend. Und leider nicht gut genug um die Anschaffung einer derart teuren Hardware zu rechtfertigen. Zusätzlich versäumte es Panasonic genügend 3DO Exemplare zu produzieren, was dazu führte, dass die nagelneue Konsole teilweise nur ein, zweimal im Laden verfügbar war, wenn überhaupt. Kunden bekamen den Eindruck, die Elektronikgeschäfte hätten kein Vertrauen in das neue Stück, was natürlich so nicht stimmte. Aber leere Regale sprechen nunmal eine deutliche Sprache.
Der Start in Japan lief hingegen relativ erfolgreich, was auch an der größeren Auswahl von sechs verfügbaren Spielen lag. Doch der Höhenflug währte auch hier nur kurz, denn nach einer Weile führte der stockende Support an neuer Software, mäßige Softwarekritiken und zunehmend schlechte Presse zu einem Rückgang der Verkaufszahlen. Kurz darauf war das 3DO auch im Land der aufgehenden Sonne gescheitert und fristete sein Nichendasein als Schmuddelkonsole, was an den verfügbaren, zweifelhaften Titeln mit angeblich pornografischen Inhalt lag. Sayonara.
Der mangelnde Nachschub an Spielen und Software schadete auch dem Ansehen und den Verkäufen im Westen. Das Interesse sank in Rekordgeschwindigkeit und viele Geschäfte blieben auf ihren nun reichlichen Lagerbeständen sitzen. Die ständigen Preisreduzierungen halfen da auch nicht mehr, es will schließlich keiner in ein sinkendes Schiff investieren. Bald machten sich Gerüchte über einen abwärtskompatiblen Nachfolger breit. Mit besserer Technik ausgestattet, sollte das neue System mit dem Arbeitstitel “M2” das Interesse am Konzept hinter Hawkins’ Idee neu entfachen, verunsicherte aber die Partner und Kunden gleichermaßen und wurde nie realisiert. Nach und nach ließen die Dritthersteller das 3DO fallen und im Jahre 1996 war endgültig Schluss. Der Traum war gescheitert.
Die 3DO Company leckte ihre Wunden und restrukturierte sich. Schließlich hatte man jetzt Erfahrung mit dem entwickeln und Veröffentlichen von Software gesammelt und ein paar gute Marken etabliert. Folglich entschied man sich, zukünftig Spiele für die erfolgreichere Konkurrenz zu entwickeln und bereits erstellte Spiele zu portieren. Titel wie “Total Eclipse”, “Need for Speed” und “Road Rash” erschienen nun auch für Playstation und Saturn. Kein großes Erbe, aber immerhin ein kleines Erfolgsgefühl der Macher hinter dem gescheiterten Versuch, die strengen Kontrollen und Vorgaben der Konsolengiganten zu brechen.
Gut gealtert sind weder das 3DO selbst, noch die dazugehörigen Spiele. Auf Bildern und Screenshots sehen diese zwar meist ganz gut aus, doch die oft ruckelige Bildrate und besonders die sperrige Steuerung töten den Spielspaß oft im Keim ab. Viele PC und Arcade Portierungen von Klassikern wie “Myst”, “Alone in the Dark” oder “Samurai Showdown” wussten zwar zu unterhalten, waren aber nicht der ersehnte Quantensprung. “Super Street Fighter 2: Turbo” und “Doom” gelten hingegen bis heute als sehr gute Portierungen und sind ihren Kollegen von Nintendo und Sega deutlich überlegen. Auch “Wolfenstein 3D” zeigt hier eine bessere Performance als bei der Konkurrenz. Eher unbekannte Games sind beispielsweise “Escape from Monster Manor”, ein bizarrer, wenn auch nicht allzu doller Egoshooter mit originellen Ansätzen oder die technisch wahrscheinlich beste Veriante des skandalösen FMV-Gemetzels “Night Trap”. Für ernsthafte Sammler ist die Spielebibliothek meiner Meinung nach in der Theorie interessanter als die eigentlichen Spiele und der enthaltene Spielspaß. Perfekt für Schranksammler, denen es nur um die Genugtuung einer kompletten Sammlung geht und nicht um das eigentliche Spielen. Denn zu viele Spiele sind einfach zu unterdurchschnittlich.
So wird das 3DO nicht wegen diesen Softwaretiteln in Erinnerung bleiben, sondern eher dank der unerfüllbaren Ambitionen der Idee hinter der Konsole und seinem grandiosen Scheitern. Und so reiht sich auch das überambitionierte 3DO in eine illustre Liga ein, nämlich die, der gescheiterten Spielekonsolen… irgendwo zwischen Virtual Boy, CDi und Apple Pippin. Trip Hawkins trat als Geschäftsführer bei EA zurück, blieb aber im Unternehmen. Als die 3DO Company im Jahre 2003 Konkurs ging, gründete er “Digital Chocolate”, mit dem er Mobilegames entwickelt und vermarktet. Die “Academy of Interactive Arts & Sciences” nahm Hawkins 2005 als achte Person in ihre Hall of Fame auf, was eine späte aber durchaus verdiente Ehre ist.
Damals, für ein kurzes Zeitfenster hatte das 3DO eine echte Chance. Panasonic hätte neben Nintendo, Sega und Sony der vierte Big Player am Videospielmarkt werden und die gesamte Branche beeinflussen können. Heute hätten vielleicht Millionen Gamer ein 3DO 4 unterm Flachbildschirm stehen und wir würden mit freudiger Nostalgie von den unzähligen, spaßigen Stunden berichten, die wir vor Hawkins’ Kiste verbracht haben. Als erste, waschechte Multimediakonsole hätten sich bei Erfolg vielleicht auch digitale Heimmedien und virtuelle Fotoalben anders und vor allem schneller entwickelt. Es gab viele Lernspiele, interaktive Museen und Lexika, die bei mehr Anklang vielleicht ebenfalls ganze Genre neu definiert hätten… aber das bleibt alles nur Spekulation.
Gute Ideen gibt es schließlich viele, gut umgesetzt werden leider die wenigsten. Trotzdem freue ich mich, euch ein wenig über dieses merkwürdige und gnadenlos überteuerte Konsölchen erzählt zu haben und danke euch fürs Lesen.
Hoffentlich fandet ihr mein Geschreibsel interessant, bis zum nächsten Mal!