Heute betreiben wir einmal ein wenig Ahnenforschung…
Zork – Gesundheit! Was wie das reflexartige Ausstoßen von Luft und Sekret klingt oder Ähnlichkeit mit einem schäbigen Trostpreis einer uralten Gameshow aufweist, ist in Wirklichkeit ein Meilenstein der digitalen Unterhaltung und ein Großvater vieler modernen Abenteuerspiele. Ich dachte mir, ich erzähle euch mal ein bisschen über dieses etwas vergessene Textadventure.
Mitte der Neunzehnsiebziger gab es nicht nur Schlaghosen und Elektrogeräte mit Holzpaneel, sondern es gab auch erste Gehversuche im Computerspielbereich. Viele junge, technikaffine Menschen, Studenten und Digitalpioniere entwickelten erste, bescheidene Daddelprogramme, die den gewillten Spieler auf eine Art und Weise unterhalten sollte, die bis dato Neuland und etwas beeindruckend Neues war. Es gab keine Regeln, keine Standards, alles war erlaubt, jede Idee, jede innovation. Die einzige Grenze, die einzige Einschränkung war die Technik, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. Der Rest war Rumprobieren.
Pioniere der Moderne
Der Informatiker William Crowther entwickelte Anfang der Siebziger ein Textprogramm, bei dem der Text einem suggerierte, sich in einem Raum zu befinden, den es mittels weiterer Texteingaben zu erkunden galt. Crowther verstand sich selbst als Hobby-Abenteurer, der in seiner Freizeit Höhlen und Schluchten erkundete. Er war der Auffassung, Neugier und Entdeckungsdrang des Menschen könnten, ähnlich wie bei Abenteuerbüchern auch als virtuelle Geschichte funktionieren und Anklang finden. Und so wurde 1976 das Spiel Adventure geboren, das als erstes Abenteuerspiel der Welt gilt und dem Genre wahrscheinlich so seinen Namen gab. Über die Jahre entwickelte er seine Kreation immer weiter, erweiterte sie mit diversen Fantasyelementen, wie einem Labyrinth, das es nach Wertgegenständen zu durchstöbern galt und feindlich gesonnene Gegenspieler. Besonders unter Studenten technischer Hochschulen erfreute sich Adventure größter Beliebtheit und inspirierte viele, sich ebenfalls an diesem neuen Unterhaltungsmedium zu versuchen.
Zwei eben solche Studenten des Institute of Technology in Massachusetts, auch als MIT bekannt programmierten daraufhin ebenfalls ein Textabenteuer, das sogar als indirekte Fortsetzung von Adventure verstanden werden darf. Dave Leblig und Marc Blank gaben das fertige Endprodukt an ihre Kommilitonen weiter und langsam wurde aus dem kleinen Spaßprojekt ein erfolgreiches Computerspiel. Zork wurde Kult.
Zu Beginn sagt einem das Spiel, dass man sich in einem Wald befindet. In der Nähe sei aber eine weiß gestrichene Holzhütte. Mit Informationen geizt das Spiel und verläßt sich auf die Neugier des Spielers, die Umgebung zu erforschen. Man will natürlich wissen, was es mit besagter Hütte auf sich hat und tippt einen Befehl wie “Gehe in Holzhütte” ein und wartet auf eine reaktion des Programms. In dem Häuschen gibt es einen mysteriösen Eingang zu einem Great Underground Empire, den man natürlich ebenfalls betreten möchte und so entfaltet sich Satz für Satz, Befehl für Befehl ein atmosphärisch dichtes, aber technisch simples Abenteuer, das man als interaktives Buch verstehen kann. Eine Geschichte zum Erleben, bei der man agieren und reagieren muss. Das gab es in dieser Form bis dato nicht und definierte so ein ganzen Genre, das über The Legend of Zelda bis hin zu The Elder Scrolls V: Skyrim bis heute fasziniert und inspiriert. Auch Shigeru Miyamoto, seines Zeichens Mario und Zelda-Erfinder, wollte die aufregenden Entdeckungstouren seiner Kindheit auf dem Bildschirm spiel- und erlebbar machen, denn das macht ein Adventurespiel ja im Grunde aus, aus der beengten Levelstruktur ausbrechen und dem Spieler eine weite Welt voller Möglichkeiten vorgaukeln.
Eine neue Welt…
Der große Unterschied zu heutigen Adventures sind bei den ollen Textabenteuern aber die starken technischen Beschränkungen. Der geringe Speicher und die langsame Rechenzeit machen Zork, das in drei Teile aufgespalten wurde heute zu einem zähen, nur für echte Retro-Liebhaber und Hardcore-Puristen interessanten Titel. Was seinen Stellenwert in der Spielegeschichte aber nicht im Geringsten schmälert. Spiele wie Zork müssen sich auch nicht beim Gamer anbiedern, der etwas trotzige Charakter dieser Klassiker ist ja gerade Teil ihres Charmes. Sie kommen ohne protzige Grafiken und epochale Musikstücke aus, die fantastischen Welten und ihre geheimnisvollen Klänge sollen ja schließlich im Kopf des lesenden Zockers zum Leben erwachen. In der heutigen Blockbustergeprägten Spielewelt fast schon ein revolutionäres Anti-Konzept, aber wir wollen hier mal nicht zu viel reininterpretieren. Erstaunlich bleibt es aber auch heute und in der Zukunft, wie viel Kopfkino die wenigen Wörter auf dem Schirm auslösen können, die fetteste Grafikkarte ist und bleibt eben die eigene Fantasie!
Die Macher von Zork, gründeten nach ihrem erfolgreich beendeten Studium eine eigene Firma namens Infocom und veröffentlichten in den folgenden Jahren Fortsetzungen und Erweiterungen für Zork und bauten es zu einer Marke in der gerade beginnenden Spielabranche auf. Als die Firma 1993 vom Markt verschwand, war Zork zwar Kult, spielte jedoch schon lange keine bedeutende Rolle mehr. Bis heute gibt es Emulationen, liebevolle Fanprojekte und mobile Browserspiele zum Thema Zork, was erfreulich, aber finanziell eher belanglos ist. Ein großer Erfolg wird Zork wohl nie mehr werden, ob es jemals zu einem modernen Reboot im Stile moderner Rollenspiele kommen wird, ist mehr als fraglich. Was bleibt, ist die Erinnerung.
Der Rest ist Schweigen
William Crowther, der seine einstige Höhlensimulation zum Urgroßvater Adventure umprogrammierte, arbeitete in seiner Karriere weiterhin für verschiedene IT-Unternehmen, wie Xerox und Cisco. Er kletterte weiterhin auf hohe Berge und in tiefe Höhlen hinab und verbringt nun seinen Ruhestand irgendwo im Staat New York. Ob die Enkelkinder seiner Nachbarn, wenn sie Minecraft auf der Veranda zocken wohl ahnen, dass sie moderne Abenteuerspiele wahrscheinlich dem alten Herrn im benachbarten Garten zu verdanken haben? Wohl eher nicht.
Undank ist der Welten Lohn. Zukunft ist Vergangenheit!
So, genug gefloskelt, habt Spaß!